Pflege-Ratgeber nach anthroposophischer Lehre
Pflege daheim – ganzheitlich von Mensch zu Mensch aktiv gestalten
Wer mit Waldorfpädagogik und den Lehren von Rudolf Steiner nicht allzu viel anfangen kann, wird im ersten Moment vielleicht etwas zurückzucken. Dabei sind aber die Ziele heutiger Kranken- und Altenpflege nahezu identisch mit denen, die dieser Ratgeber hat: Er sieht einen kranken oder pflegebedürftigen Menschen in seiner ganzen Person (ganzheitlich), das heißt mit seinen noch vorhandenen Fähigkeiten ebenso wie mit seinen Defiziten, vor dem Hintergrund seiner Biografie und seiner kulturellen Herkunft, mit seiner Persönlichkeit, seinen Glauben oder Nichtglauben.
Der vorgestellte Ratgeber wendet sich vor allem an pflegende Angehörige. Damit auch jemand ohne jedes Wissen über anthroposophische Wertvorstellungen einen einfachen Einstieg bekommt, wird er zunächst kurz eingeführt in das Prinzip der „Salutogenese“, dem Entstehen (Genese) von Gesundheit (Salus). Eine aktive Auseinandersetzung mit den Sinn- und Verständnisfragen des Lebens fördert demnach die Gesundheit. Auf diese Weise könne der Mensch selbst schwierigste Situationen im Leben bewältigen, wenn er verstehe, was dazu geführt hat, wenn er darin einen Sinn entdecke und Handlungsstrategien entwickle.
Das bedeutet also: Jeder Mensch trägt in sich Kräfte zur Selbstheilung – eine grundsätzlich nachvollziehbare Auffassung. In der anthroposophischen Medizin und Pflege bestimmen neben krankheitsbezogenen Heilmaßnahmen deshalb auch besonders die gesundheitsfördernden, präventiven Maßnahmen das Handeln.
Die Herausgeberin Birgitt Bahlmann und ihre zwölf Mitautorinnen kümmern sich ausführlich um diese vorbeugenden Maßnahmen im Rahmen der häuslichen Pflege. Sie beschreiben, wie sich die Risiken für Folgeerkrankungen bei bettlägerigen Menschen, wie zum Beispiel Dekubitus, Kontrakturen, Thrombosen, Pneumonie, vermindern lassen. Es geht auch um die richtige Zahnpflege, Ernährung, Medikamentengabe und den Umgang mit Schmerzen.
Neben Pflegethemen ist ihnen aber auch der pflegende Angehörige besonders wichtig: Wie kann er selbst dafür sorgen, dass er gesund bleibt – körperlich und seelisch? Durchgehend wird zu allen praktischen Erklärungen, Tipps, Checklisten und Tabellen immer auch Lebenshilfe im anthroposophischen Sinne angeboten – eine Option, die man annehmen kann oder auch nicht. Ganz besonders positiv fällt dies auf in den beiden Kapiteln, die sich mit Sterbebegleitung und der Phase nach Pflege und Tod befassen.
Die Gedanken, die hierzu formuliert werden, können zum Nachdenken anregen oder als Orientierungshilfe dienen, ohne dass sich Leser ohne anthroposophischen Hintergrund „missioniert“ fühlen müssen. Dass so etwas gelingen kann, hat uns sehr beeindruckt und deshalb gibt es
„Pflege daheim – ganzheitlich von Mensch zu Mensch aktiv gestalten“, Birgitt Bahlmann (Hrsg.), Salumed-Verlag, Berlin, 2010, ISBN: 978-3-928914-19-2